Grassisblog

Wer Schmetterlinge lachen hört, der kann auch Wolken riechen.

Sonntag, 4. Juni 2006

WM 2006 - Sag Hallo zur totalen Kommerzialisierung

Aus dem Spiel mit dem runden Leder ist ein globaler Wirtschaftszweig geworden, in dem der Kampf um Macht und Marktanteile tobt. Mit der Fußball-WM in Deutschland steuert die 160-Milliarden-Euro-Branche einem neuen Höhepunkt entgegen.


[Gell Waldi, so verdient sichs doch am schönsten - Olli am Münchner Airport]

Kein Tor war für die Seele der Deutschen so wichtig wie dieser Flachschuss. Aus dem Hintergrund musste Rahn schießen, 3:2 gegen Ungarn. Tor, Tor, Tor! Sechs Minuten später: Aus, Aus, Aus! Deutschland ist Weltmeister, neun Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Helmut Rahn wird zum Nationalheld und erhält 2000 Mark Prämie. Er und die anderen Helden von Bern verdienten im Monat höchstens 320 Mark. Rahn hätte 12 000 Jahre lang weiterspielen müssen, um auf das Jahresgehalt des heutigen Superstars Ronaldinho zu kommen. Der brasilianische Weltfußballer der Jahre 2004 und 2005 vom FC Barcelona kassiert samt Werbeverträgen rund 23 Millionen Euro im Jahr. Von wegen „Elf Freunde sollt ihr sein“, wie der damalige Bundestrainer Sepp Herberger seinen Buben predigte – 2006 sind Fußballer Ich-AGs in Stollenschuhen, die sich wie Film- und Musikstars in wertvolle Marken verwandeln.
Wenn am kommenden Freitag um 18 Uhr in München der Anpfiff zur Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland ertönt, rollt der Rubel wie noch nie. In den 52 Jahren, seit Deutschlands erstmals Weltmeister wurde, hat sich der Fußball radikal verändert – vom rührenden Ereignis mit nationalem Sentiment zum Megaspektakel globalen Ausmaßes. Keine Sportart ist bei den Zuschauern beliebter als der 90 Minuten währende Versuch, einen Lederball mit 70 Zentimeter Umfang ins gegnerische Tor zu befördern. 1,2 Milliarden Menschen – mehr, als es Katholiken gibt – fiebern laut Sepp Blatter, dem Chef des Weltfußballverbands Fifa, mit ihren Idolen und Clubs.

Jedes Wochenende spielen Millionen Kicker von der höchsten Liga bis zur untersten Thekenklasse um Meisterehren. Globaler Umsatz laut Fifa-Schätzung: rund 160 Milliarden Euro. Das ist der Wert der Waren und Dienstleistungen, die alle Griechen innerhalb eines ganzen Jahres produzieren. Das ist so viel, wie die gesamte deutsche Elektroindustrie jedes Jahr umsetzt.

Kein Unternehmen, das daran nicht mitverdienen will. Schwarz-rot-goldene Fahnen hängen inzwischen an jeder Imbissbude, Klopapierrollen in Ball-Optik in den ersten WCs. WM-Cheforganisator Franz Beckenbauer, soeben vom TV-Publikum zum besten deutschen Fußballer aller Zeiten gekürt, flimmert im Fernsehen auf allen Kanälen. Mehr...

(c) Wirtschaftswoche

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